Reise durch Kasachstan und Russland vom 10. August bis 18. September 2017

 

Obwohl wir früh am Morgen schon am Grenzübergang sind, wird es Nachmittag, bis wir die Mongolei verlassen haben und in Russland weiter fahren können. In Kosh-Agach wissen wir von einem Hostel, auf dessen Innenhof schon andere mit dem Reisemobil übernachtet haben. Der junge Mann bei der Rezeption würde uns gerne hereinlassen, aber eine etwas ältere Frau wehrt resolut ab. Das erweist sich als Glücksfall. Denn dadurch fahren wir zurück in den Ort um einzukaufen. Dabei werden wir von Ivo und Brigitte entdeckt.Sie stammen aus Interlaken und waren in den letzten 7 Jahren schon auf der ganzen Welt mit dem Velo unterwegs. Ihre jetzige Tour begann vor über 4 Jahren. Zwei schöne Abende verbringen wir zusammen und tauschen Erfahrungen aus. Bereits am nächsten Tag treffen wir uns mit den drei Österreichern, die wir auf unserer Reise in Griechenland kennen gelernt haben. Während wir mit unserem Duro auf der Reise keine Probleme hatten und nur zwei Mal für normale Wartungsarbeiten in Werkstätten waren, verbrachten sie bisher an solchen Orten über zwei Monate mit Reparaturen am Fahrzeug. Da sie demnächst in die  Mongolei einreisen, sind sie sehr an unseren Erfahrungen und den aktuellen Verhältnissen interessiert. Eine weitere schöne Begegnung mit anderen Reisenden.

 

Das Altaigebirge gehört zu den landschaftlich schönsten Landesteilen Sibiriens. Als Grenzregion zwischen Russland, Mongolei, China und Kasachstan ist es auch ein ethnisches und kulturelles Grenzgebiet. Es hat sehr viel schöne und noch weitgehend unberührte Natur. Wir fahren auf dem sog. Cujsker Trakt, die Strasse die die Mongolei über das Altaigebirge mit Sibirien verbindet und durch spektakuläre Gebirgslandschaften führt. Knapp 800km nach der Grenze kommen wir erneut nach Barnaul. Bereits am 16./17. Juni waren wir bei der Hinreise zum Baikalsee und in die Mongolei hier. Deshalb kennen wir uns schon etwas aus in der Stadt und können Wäsche waschen lassen, Dieselfilter besorgen, Auto waschen und die russische SIM-Karte reaktivieren. Alles am gleichen Tag. Nun geht es westwärts Richtung Kasachstan. In der Gegend hat es viele Flüsse und kleine Seen. So finden wir immer wieder sehr schöne Übernachtungsplätze an den Gewässern. Die Mücken haben sich um diese Jahreszeit ziemlich zurückgezogen. In der Nähe des Grenzortes Kulunda sehen wir unweit unseres Übernachtungsplatzes eine Frau, die auf dem Feld Wassermelonen verkauft. Wir hätten nicht gedacht, dass in Sibirien Melonen auf dem freien Feld gedeihen. 

 

Am 18. August verlassen wir Russland nochmals um einige Zeit in Kasachstan weiter zu fahren. In einem Versicherungsbüro an der russischen Grenze wechselt die Frau auch unsere US Dollar gegen kasachische Tenge. Sie kennt den aktuellen Kurs nicht und vertraut unseren Angaben. Am Zoll kommen wir speditiv voran und nach weniger als 2 Stunden sind wir durch. In Kasachstan fahren wir entlang riesiger Felder mit Sonnenblumen oder Getreide. Wir messen die Länge eines solchen Feldes, über 3km lang und 3km breit. Das entspricht der Fläche von 50 schweizerischen Landwirtschaftsbetrieben. Die Strassen erlauben uns höchstens 60km/h zu fahren. In Pavlador schauen wir uns die Stadt mit der schönen Uferpromenade an. Dabei entdecken wir auch eine öffentliche Wasserstelle, wo wir unseren Wassertank auffüllen. Als wir gerade fertig sind mit Auffüllen, kommt der Besitzer des Hauses und lädt uns zum Tee ein. Igor ist Geschäftsmann und spricht sehr gut Deutsch, denn er lebte 15 Jahre in Deutschland, bevor er vor 12 Jahren nach Kasachstan zurückkehrte. Neben Tee offeriert er uns auch Brot und Käse. Dabei erfahren wir viel über das Leben und die Regierung in Kasachstan. Auf dem weiteren Weg bis  Astana, der Hauptstadt Kasachstans, fahren wir auf teilweise sehr guten Strassen, teilweise auf solchen, die uns eine Maximalgeschwindigkeit von 15km/h abverlangen. Landschaftlich wird es immer mehr Steppe, fast kein Grün mehr, dafür immer wieder hässliche Kohlekraftwerke und Hochspannungsleitungen. Am Sonntag 20. August kommen wir in Astana an und fahren direkt auf das Gelände der Weltausstellung. Auf dem riesigen, halbleeren Parkplatz, können wir später auch übernachten.   Die Weltausstellung ist sehr pompös und modern, alles rollstuhlgängig, immer mit separaten Eingängen ohne Warteschlange. Natürlich gehen wir zum Ausstellungspavillon der Schweiz. Das Thema der Weltausstellung ist „Energie in der Zukunft“. Die Schweizer zeigen wie man „ohne Energie“ Rösti macht – mit Biogas. Wenig beeindruckend. Viel besser gefällt uns der immense Pavillon der Kasachen. In einer riesigen Kugel, in derem Innern sich 9 Stockwerke befinden, wird alles Erdenkliche zum Thema Energie in der Zukunft gezeigt. Wir besuchen auch die Pavillons von Deutschland und Österreich, die viel von erneuerbaren Energiequellen und Energie sparen zeigen. Ganz anders der Pavillon der USA. Kein Wort von Sparen, nur wie man noch mehr Öl fördern und weitere Ressourcen zur Energiegewinnung nutzen könnte. Wir gehen auch am nächsten Tag wieder in die Ausstellung. Dabei haben wir uns mit Petra und Klaus verabredet, die wir am Baikalsee kennen gelernt haben.

 

 Astana ist erst seit 1998 die Hauptstadt Kasachstans. Wir verbringen weitere zwei Tage in der Stadt. Wie viele andere Bauten, ist auch das Nationalmuseum gigantisch, mit einer pompösen Eingangshalle. Wir bekommen den Eindruck, das Museum sei so gross, dass nicht genügend Material zum Ausstellen vorhanden sei. Interessant ist die Halle mit der neueren Geschichte. Mit grossen interaktiven Bildschirmen wird auch in Englisch viel über die aktuelle Entwicklung des Landes gezeigt. Verschwiegen werden die unangenehmen Seiten. So wird zwar ausgiebig von der Währung berichtet, nicht aber dass deren Wert seit der Einführung 1993 gegenüber dem Euro auf 1/10 gesunken ist. Das zeigt, wie es tatsächlich mit dem so gelobten wirtschaftlichen Erfolg aussieht. Und wie zu erwarten, wird auch der erste und bisher einzige Präsident Nursultan Nasabajew, hoch gelobt und überall hängen Bilder von ihm. Verschwiegen wird die grassierende Korruption im Lande. Das Vermögen des Präsidenten wird auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Er ist 76 Jahre alt, hat trotz Amtszeitbeschränkung in der Verfassung seine Amtszeit auf Lebenszeit verlängert und sich ebenso lebenslängliche absolute Immunität gegeben. Astana hinterlässt bei uns einen zwiespältigen Eindruck. Sehr viel wird neu aus dem Boden gestampft, mit futuristischen Fassaden. Ein Blick dahinter offenbart aber grosse Mängel in der gesamten Infrastruktur. Es gibt sehr breite Strassen, konzipiert für Autos und Busse, daneben Quartierstrassen die eher Feldwege sind. An Fussgänger hat man bei der Stadtplanung vielleicht am Rande gedacht, vergessen gingen Velofahrer und Rollstuhlfahrer. Zwar gibt es vereinzelt Einrichtungen für letztere, aber die funktionieren nicht, oder sind falsch konzipiert. Die Kanalisation scheint oft lückenhaft oder defekt zu sein. Überall gibt es Tankwagen die von Haus zu Haus fahren und Gülle absaugen.

 

Nach Astana ist Alzhir unser nächstes Ziel. Da befand sich zwischen 1920 und 1955 das Gefangenenlager für die Ehefrauen und Angehörigen der Verurteilten. Unter Stalin wurden in der Sowjetunion in den 30er und 40er Jahren Säuberungen etwa vor den "Verrätern der Heimat" auf dem ganzen Gebiet der UdSSR gemacht. Zehntausende Familien verschwanden, die Männer in den Strafgefangenenlagern Gulag, aus denen die meisten nicht wiederkehrten. Ihre Frauen und Kinder landeten in Alzhir. Heute steht dort eine würdevolle Gedenkstätte und ein sehr gutes Museum der politischen Verfolgungen des stalinistischen Terrors und Totalitarismus. Es erinnert an die Millionen Menschen, die zwischen den 1920er und 50er Jahren umgebracht wurden oder Repressalien ausgesetzt waren. Mit erschütternden Bildern wird dargestellt, welchen Haftbedingungen die Frauen hier ausgesetzt waren und wie sie selbst nach ihrer Freilassung nicht in Freiheit leben konnten. Auf der Gedenkstätte sind in grossen Tafeln die Namen aller über 18‘000 Frauen aufgeführt, die im Lager lebten und umgekommen sind. Wir sind tief beeindruckt. Die Aussage beim Eingang in der etwas holprigen englischen Übersetzung "To Remember the tragedies of the past, so as not to repeat them anew!" ist leider bis heute bei einigen der von uns bereisten Länder nicht in die Spitzen der Regierungen vorgedrungen.

 

Auf einer sehr guten oft sechsspurigen Autobahn, fahren wir in nordöstlicher Richtung wieder Richtung Russland. Am Nachmittag steigt das Thermometer auf 32 Grad. So geniessen wir den Schatten, den wir  kurz vor Petropavl am Fluss mit Sandstrand finden. Der herrliche Platz wird für zwei Nächte unser Übernachtungsplatz. Es hat auch viele kasachische Leute hier, die aus der Stadt kommen und den Strand geniessen. Einige kommen zu uns und wir reden zusammen, soweit das unsere Russischkenntnisse erlauben. Als sie bräteln, bringen sie uns von den hier beliebten Fleischspiessen „Schaschlik“. Am Sonntag 27. August fahren wir nach Petropavlosk. Wir schlendern etwas durch die Fussgängerzone und fahren schon bald weiter. Der Weg aus der Stadt ist etwas langwierig, denn es gibt genau 1 Brücke. Schon erstaunlich, dass es in einer Stadt mit 200'000 Einwohnern nur gerade eine Brücke über den Fluss gibt. Die Brücke und die Strasse sind in schlechtem Zustand, also ist für uns langsam fahren angesagt.  Rasch geht dann die Ausreise. Nach 45 Minuten haben wir Kasachstan verlassen und nach weiteren 75 Minuten sind wir in Russland eingereist. Alles klappt ohne Probleme und ohne jegliche Kosten.  Registrieren, über das wir im Vorfeld so viel gehört hatten, machten wir in keinem Land und es war an keiner Grenze ein Thema.

 

Im russischen Miass besuchen wir die Familie Sedelnikovy. Wir haben von Bekannten aus der Schweiz ein Fotobuch für sie, das wir ihnen bringen. Per WhatsApp hat uns die Tochter Elena die Koordinaten geliefert und so werden wir von ihr, ihren Eltern und ihren beiden Kindern herzlich empfangen. Elena ist die einzige die Deutsch und ausgezeichnet Englisch spricht. Damit ist sie als Übersetzerin sehr beschäftigt. Erneut erhalten wir auf diese Art einen schönen Einblick in das Leben einer russischen Familie. Sie kommen mit uns ins lokale Museum, zeigen uns schöne Plätze am Rande der Stadt und wir vergleichen deren Lebensweise mit unserer. Erneut lernen wir sehr nette und gastfreundliche Leute kennen, mit denen wir den Kontakt gerne aufrecht erhalten wollen. Jekaterinburg ist die viertgrösste Stadt Russlands und hat rund 1.5 Millionen Einwohner. Sie liegt am östlichen Ausläufer des Uralgebirges und hat aus der Sowjetzeit gigantische Industrieanlagen. Wir beschränken uns  auf den Besuch eines Freilichtmuseums und fahren gleichentags weiter zum Ganina Jama. In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1918 wurde  der letzte Zar Niklaus II und seine Familie in Jekaterinburg erschossen und anschliessend die Leichen in den versteckten Bergwerkschacht Nr. 7 geworfen. Heute steht dort zu deren Ehren ein Kloster. 

 

Am 2. September kommen wir zurück nach Europa. Da gibt es eine grosse Grenzmarkierung. Leider ist deren Standort sowohl auf unserer Karte als auch im Reiseführer am falschen Ort eingetragen und wir kommen ohne Rückkehrfoto in Europa an. Ein weiterer Besuch gilt dem Ort mit der ehemaligen Bezeichnung Perm 389/36. Es war eines der Arbeitslager des mit Gulag bezeichneten Systems der Zwangsarbeit für Massen von Männern. 1946 wurde das erste Gebäude erstellt. Rund 500 Häftlinge die aus politischen Gründen verurteilt waren oder weil sie unzuverlässig in einem "wichtigen" Betrieb des Staates gearbeitet hatten. Unzuverlässig war zum Beispiel, wenn man grundlos nicht zur Arbeit erschien oder mehrmals über 20 Minuten zu spät kam. 1972 wurde das Arbeitslager reorganisiert und politische Gefangene aus anderen Lagern wurden hierher gebracht. Die Strafen wurden mit Landesverrat, Spionage, anti sowjetischem Verhalten und Propaganda, Sabotage usw. begründet. 1988 wurde das Gefängnis geschlossen. Am 18. Oktober 1991 wurden einige der ehemaligen Häftlinge rehabilitiert. Wir können das Lager anschauen, sehen wo die Schlaf- und Arbeitsräume der Gefangenen waren und welche Einrichtungen installiert waren, um die Flucht zu verunmöglichen. Die Führerin spricht nur Russisch, hat aber einen elektronischen Führer, der uns zu jeder Einrichtung in deutscher Sprache und Text informiert. Ein grosser Teil der Zwangsarbeit war das Holzen in den nahen Wäldern und die weitere Verarbeitung und Abtransport der Baumstämme. Auch Aufgaben wie Nachführen der Liste der in der UdSSR verbotenen Bücher, gehörte zu den Aufgaben der Häftlinge. Je nach Urteil konnten die Häftlinge einmal pro Jahr einen Kurz- oder einen Langbesuche empfangen. Kurzbesuche dauerten höchstens 3 Stunden. Dabei sassen sich Besucher und Häftling gegenüber, getrennt durch eine Glasscheibe und beaufsichtigt vom Wachpersonal. Langbesuche dauerten 3 Tage. Dabei hatten Häftling und Besucher ein Zweierzimmer mit Kocheinrichtung zur Verfügung. Eine interessante und sehr eindrückliche Besichtigung am Ort des Geschehens.

 

Auf den nächsten rund 650km von Perm nach Kasan fahren wir nicht nur weiter westwärts, sondern auch mehr und mehr in den Herbst. Die Temperaturen liegen nun deutlich unter den bisher gewohnten 25 Grad und die Bäume haben farbige Blätter. Unterwegs sehen wir zwei Unfälle, einer mit einem Lastwagen der die Böschung hinunter in die Bäume fuhr. Das erstaunt nicht. Sowohl PW als auch LKW überholen sehr gefährlich und unüberlegt. Sie überschreiten die ausserorts erlaubten 90km/h deutlich. Durch den Besuch der Leute in Miass, haben wir den Kontakt zu Albert in Kasan erhalten. Er hat da eine Firma die Metallteile fertigt. Da er selbst an Sitzungen teilnehmen muss,schickt er uns seinen Angestellten Airat. Er kann zwar nur Russisch, aber mit Hilfe unserer paar Worte, Google translate und Zeichensprache, unterhalten wir uns gut mit ihm und er zeigt uns die schönen Oldtimer, die er mit zwei weiteren Arbeitern in einer der Hallen der Firma restauriert. Wir können auch die Produktionshallen ansehen und auf dem Firmengelände übernachten. Am nächsten Tag fährt uns Airat ins 40km entfernte Stadtzentrum. Der Kreml von Kasan wurde 2000 in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Er erhebt sich wuchtig über dem Fluss Kasanka. Im weissen Mauerwerk verschmelzen orthodoxe und moslemische Glaubenstraditionen zu einem prächtigen Ensemble. Damit wird gezeigt, wie hier verschiedenen Religionen problemlos zusammen leben können. Peter kann nur in eine der Kirchen und in den Vorraum einer Moschee. Überall sonst hat es lange Treppen. Anschliessend besuchen wir das Nationalmuseum der Republik Tatarstan. Es zeigt die Entwicklung der Region, das Leben der Tataren und das multikulturelle Leben von Kasan. Das Museum ist als rollstuhlgängig gekennzeichnet und es hat tatsächlich einen Lift, der zwar etwas eng ist. Eine Rollstuhltoilette fehlt völlig. So vielen Touristengruppen wie in Kasan, sind uns schon eine ganze Weile nicht mehr begegnet.

 

Da wieder einmal Duschen, Waschen, Wasser auffüllen und Internetarbeiten anstehen, fahren wir zum Camping in Suzdal. Auf deren Webseite wird all dies angeboten und auch behindertengerechte Einrichtungen. Letztere sind allerdings in der Praxis bescheiden. Weder die Stellplätze noch der Weg zum Gebäude sind asphaltiert und hinein kommt man nicht stufenfrei. Zwar hat es eine Behindertentoilette die sogar mit einer Dusche ausgerüstet ist, nur ist der ganze Raum mit Gerümpel gefüllt und somit unbenutzbar. Hingegen ist das Camping an schöner Lage und wir kommen mit dem Rollstuhl gut zu Fuss in die Stadt. Suzdal gilt als Hauptstadt des goldenen Rings. Auf dem grossen, eingemauerten Areal  des Erlöser-Euthymios Klosters sind viele Ikonen sowie Funde aus dem 13. bis 17. Jahrhundert ausgestellt. Am Interessantesten scheint uns das Glockenspiel. Dabei sitzt der Spieler auf dem Glockenturm und bedient mit Seilzügen die Klöppel der etwa 10 Glocken. Auffallend ist, wie die Glocken gestimmt sind, ziemlich disharmonisch.

 

Direkt am Fluss Kotorosl, kurz bevor er in die Wolga mündet, haben wir in der Stadt Jaroslawl von anderen Reisenden den Hinweis auf den Übernachtungsplatz.Ganz im Zentrum, direkt unter der Mauer des Kreml. In wohl einer der schönsten und ältesten Städte Russlands herrscht reger Betrieb. Wir schlendern auf der herrlichen Uferpromenade auf dem Hinweg hoch über der Wolga, und dem Rückweg direkt bei der Wolga. Einzig die Temperatur verhindert, dass wir nicht länger in der schönen Parkanlage verweilen. Angenehm warm ist es dafür im Museum für Musik und Zeit. Wir lassen uns überraschen, was uns erwartet. Ein kleines Häuschen, gefüllt mit einer Sammlung von Musikinstrumenten, Glocken und Uhren. Das für Russland ungewöhnliche daran, einiges  darf man berühren und bedienen. Die Eingangstreppe kommen wir dank Hilfe des Personals mit dem Rolli hoch. Drinnen kann Peter aber nur eines der beiden Stockwerke anschauen. Weiter fahren wir  nach Rybinsk. Da ist ein riesiger Stausee.Er hat die achtfache Fläche des Bodensees. Mit einem grossen Damm, gebaut 1941-1947, wurden die Wolga und ihr Nebenfluss Scheksna kurz vor dessen Mündung gestaut. Die angestauten Wassermassen überfluteten auch die Flussmündung der Mologa im Norden. Unter dem Wasser verschwanden zwei Städte und etwa 70 Dörfer. 150'000 Menschen wurden umgesiedelt. Bescheidener nimmt sich die installierte Leistung des Wasserkraftwerkes von 330MW aus. Das entspricht etwa der Leistung der Grimselkraftwerke. Trotz der grossen Fläche des Sees enthält er nur etwa halb so viel Wasser wie der Bodensee.

Bevor wir nach Sankt Petersburg hinein fahren, besuchen wir die Festung Schlüsselburg. Sie liegt auf einer Insel, wo der grosse Ladoga See in den Fluss Neva mündet.  Das Fort Schlüsselburg ist eines der ältesten in Russland. Seine Ursprünge stammen aus dem Jahre 1323. Immer wieder wurde die Festung angegriffen, so etwa 1612 von den Schweden, die deren Besatzung aushungerten. 90 Jahre später wurde die Festung von den Russen unter Peter dem Grossen zurück erobert. In der Festung war auch ein Gefängnis, wo etwa Grigory Ordshonikidze 1912-1915 inhaftiert war. Er war an der der Planung der Revolution durch die russischen kommunistischen Bolschewiki beteiligt und dafür zu 8 Jahren Haft verurteilt worden.  Nach der Oktoberrevolution war er Arbeitervertreter in einem grossen Industriebetrieb. 1937 begann er Suizid als Protest gegen Stalins Politik, die nicht das war, wofür er gekämpft und in Gefängnissen gesessen hatte. Im 2. Weltkrieg wurde die Festung 500 Tage lang gehalten und damit die vollständige Blockade von Leningrad, wie Sankt Petersburg damals hiess, durch Hitlers Armee verhindert. Die Festung Schlüsselburg können wir mit Hilfe von Personal und anderer Besucher mit dem Rollstuhl besichtigen. Zurück auf dem Festland hat es unweit der Bootslandestelle einen traumhaften Platz zum Übernachten. In St. Petersburg können wir mit dem Rollstuhl weder das Wassermuseum noch das Kaffeemuseum besuchen. Hingegen einen Teil des interessanten arktischen Museums, das in einer ehemaligen Kirche untergebracht ist. Sehr gut gefällt uns das Museum der politischen Geschichte Russlands. Ideologiefrei wird ausführlich die politische Entwicklung von der Zarenzeit bis Putin aufgezeigt. Eines der besten Museen die wir gesehen haben und dazu ist der grösste Teil rollstuhlgängig. Selbstverständlich schauen wir uns auch die Stadt an und mit einer Bustour erhalten wir gute Informationen zur Metropole an der Newa mit all ihren Schönheiten und Reizen.

 

Am 18. September fahren wir bis kurz vor die Grenze zu Estland. Damit geht auch der Teil Russland unserer Reise zu Ende. Da hat es uns sehr gut gefallen und entgegen dem Ruf, waren die Leute freundlich und zurückhaltend. Wir hatten Glück mit dem Wetter, regnerisch war es nur die letzten paar Tage.