Entlang der Küste Perus und quer durch Bolivien 22.2. bis 8.4.2013

Kurz nach der Einreise aus Ecuador in Peru, finden wir an der Pazifikküste einen schönen Campingplatz, Camping Punta Camaron. Da lernen wir Doris und Günther kennen. Sie stammen aus der Region Biel und sind seit 2010 in Nord- und Südamerika unterwegs. Erstmals kommen wir so in Südamerika zu einer typisch schweizerischen Tätigkeit, Jassen. Nach 4 Tagen verabschieden wir uns und fahren auf der Panamericana südwärts nach Piura. Zufällig treffen wir die beiden bereits am Abend wieder und beschliessen, gemeinsam einen Übernachtungsplatz zu suchen.


Ausserhalb der Städte und Dörfer ist die Küste Peru meistens Wüstengebiet. Also jede Menge Platz zum Übernachten. Wir zweigen von der asphaltierten Panamericana auf eine Piste ab, Günther hinter uns her. Die Piste wird sandiger und unsere Nachfahrer entscheiden sich, lieber bei einer Tankstelle einen Übernachtungsplatz zu suchen. Wir verabschieden uns und die beiden fahren zurück Richtung Panamericana. Im Geländegang fahren wir weiter und etwas besorgt schauen wir immer wieder auf die Panamericana rüber. Eigentlich hätten wir Günther und Doris längst dort sehen müssen. Wir fahren zurück und da kommt uns Günther zu Fuss entgegen. Sie seien im Sand stecken geblieben. Also hin und raus ziehen. Wir nehmen das Abschleppseil mit 3t Zugfestigkeit. Das Wohnmobil hat sich fest im Sand eingegraben. Als wir im Duro kräftig Gas geben, reisst das Seil. Na dann, Sandbleche hervorholen und graben. Der starke Wüstenwind bläst einem dabei kräftig Sand ins Gesicht. Wir reparieren das Abschleppseil und nehmen zusätzlich eine Kette als Verstärkung. Nach einer Stunde ist es geschafft, das Wohnmobil von Günther und Doris ist frei. 


Bei Chiclayo besuchen wir das moderne, sehr gute  „Muséo Tumbas Reales de Sipán“. Darin wird der spannende Verlauf der Ausgrabungsarbeiten (1987-1990) und die Funde aus den 1700 Jahre alten Gräbern dokumentiert. Kurz bevor Grabräuber alle Gräber plünderten, gelang es dem Archäologen Dr. Walter Brüning, mit Hilfe der Polizei und massiver Gewaltanwendung die Schätze zu sichern.

 

Am 4. März kommen wir in Lima an. Ein unter Reisenden bekannter Stellplatz ist beim Hitchhikers Backpackers Hostel. Auf dem Vorplatz, hinter Tür und Mauern in einem nicht allzu lauten Stadtquartier nahe am Meer.  Da stehen uns Dusche, Toilette und Internet zur Verfügung. Endlich können wir auch unseren Trinkwassertank auffüllen. Auf den beiden vorangehenden Camping war das „Trinkwasser“ seifig, als ob es das Abwasser aus der Dusche sei. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Taxi ins Stadtzentrum. Mit Ausnahme einer einzigen, für uns nicht geeigneten Linie, sind die Busse in Lima nicht für Rollstuhlfahrer benutzbar. Hingegen sind in der Stadt die Gehsteige häufig abgeschrägt und sehr angenehm, wenn nicht gerade dort ein Fahrzeug parkt.

 

Vor wenigen Monaten wurde in Lima ein Schokolade Museum eröffnet. Eine nette Französin, die auch Deutsch und Englisch spricht, führt uns durch das kleine, modern gestaltete Museum. Man kann zuschauen, wie jeden Tag aus 3 kg Kakao aus der Region, Schokolade hergestellt und verpackt wird. Die schwarze und braune Schokolade schmeckt gut ist aber mit umgerechnet 5 sFr. extrem teuer.

 

Hunderte von Kilometern geht es durch die Wüste der peruanischen Küste südwärts. Unterbrochen wird der Wüstensand immer wieder durch kleinere und grössere Ortschaften, Fischmehlfabriken oder Hühnerställe. Tausende von Hühnern werden hier, unter Dächern vor  der Sonne geschützt gehalten. Irgendwoher muss das in allen Restaurants billig angebotene „Pollo“ schliesslich kommen.

 

65km nordöstlich von Ica besuchen wir den Nationalpark Paracas. Die geringe Artenvielfalt an der Landoberfläche (Wüste) steht in starkem Kontrast zum Artenreichtum des maritimen Teils des Naturschutzgebietes. Über 250 Plankton- und Algenarten haben einen enormen Fischreichtum hervorgebracht, der seinerseits vielen Vögeln idealen Lebensraum bietet. Deren Kot war im 19. Jahrhundert Perus wichtigstes Exportprodukt. Aber in Zeiten des Chemiedüngers hat das „weisse Gold“ ausgedient. Bei einem Bootsausflug um die unbewohnte Insel Bellestas, sehen wir tausende von Vögeln, die hier leben oder Zugvögel die hier rasten.

 

Für unseren Duro ist Fahren im Sand angesagt. Als wir einen steilen Sandhang hinunterfahren wird uns schon etwas mulmig. Ob wir da wieder raufkommen? Wir finden dann aber einen anderen Weg zurück zum sehr ruhigen Übernachtungsplatz in der Wüste am Meer.

 

Westlich von Ica treffen wir auf eine Oase wie im Bilderbuch. Umrahmt von Dattelpalmen, Huarango-Bäumen und 200m hohen Sanddünen, liegt die braun grüne Lagune im gleissenden Sonnenschein. 39 Grad zeigt unser Thermometer als wir dort eintreffen. In der Nacht sinkt die Temperatur dann knapp unter 30 Grad, im Reisemobil bleibt es aber sehr heiss.

 

Bei einer riesigen Tankstelle und Raststätte für Lastwagen, übernachten wir am 9. März. Dabei kommt ein komisches Gefährt angefahren. Wir erfahren, es handelt sich um das Fahrgestell eines neuen Busses. Es kommt aus Brasilien und wird ins peruanische Arequipa gefahren, wo der Oberteil des Busses aufgebaut wird.Auf der Höhe von Arequipa verlassen wir nach rund 2000km die Küste Perus in Richtung Anden. Wir wollen ins Colca Tal. Von der Polizei erfahren wir, die Strasse sei nach Unwettern jetzt wieder befahrbar. In Tambillo verlassen wir die asphaltierte Panamericana. Die Piste ist die ersten Kilometer sehr schlecht mit viel Wellblech. Später wird sie besser, obwohl immer wieder ganze Strassenteile abgerutscht und nur behelfsmässig ausgebessert sind. An einigen Stellen hat das Wasser tiefe Gräben in der Strasse hinterlassen und wir sind einmal mehr froh, viel Bodenfreiheit zu haben. Es geht immer aufwärts und gegen Abend erreichen wir eine Höhe von 4250m. So hoch wollen wir nicht übernachten und fahren trotz einbrechender Dunkelheit weiter, bis wir auf 3374m, kurz  bevor es ganz dunkel ist, einen sehr ruhigen Übernachtungsplatz finden. Am nächsten Tag erleben wir wieder eine der negativen Seiten des touristischen Perus. Eine Einziehbeamtin erklärt uns, wir hätten eine Gebühr von 70 Soles pro Person zu entrichten, da es hier touristische Infrastruktur habe. 70 Soles sind mehr als der 10fache Preis eines Mittagessens hier. Wir diskutieren und weisen darauf hin, das die „Infrastruktur“ für den Rollstuhlfahrer nicht benutzbar sei. Nützt nichts. So wollen wir umkehren. Geht auch nicht, wir seien schon da und hätten zu bezahlen, Punkt. Was bleibt uns anderes übrig.

 

Entschädigt werden wir am anderen Morgen. Über Stock und Stein sind wir an den Rand des Colca  Canyons gefahren und können 1200m unter uns im tiefen Tal den Fluss sehen. Ein toller Übernachtungsplatz. Am Morgen zwischen 8 und 11 Uhr sehen wir viele Kondore, die Thermik nutzend, an uns vorbei aufsteigen. Ein faszinierendes Schauspiel.

 

In Arequipa besuchen wir am ersten Tag das Kloster Santa Catalina. Eine riesige Klosteranlage, eine Stadt in der Stadt. Knapp 400 Jahre blieb der Öffentlichkeit verborgen, was hinter den hohen Mauern bei den bis zu 150 Nonnen passierte. Neben einem hohen Eintrittspreis mussten die Nonnen auch ein Schweigegelübde ablegen. Seit 1970 kann man den grössten Teil des Klosters besichtigen. Heute leben nur noch 20 Nonnen im Kloster. Eine Führerin zeigt uns während einer Stunde das Kloster und anschliessend besichtigen wir nochmals fast 2 Stunden die Anlage auf eigene Faust.

 

Vielleicht der Höhepunkt, aber sicher der höchste Punkt unserer Reise für Margrit, beginnt nach dem Klosterbesuch. Aus dem Reiseführer wissen wir, dass die beiden Vulkane  Misti und Chachani ohne zu klettern bestiegen werden können. In einer Reiseagentur treffen wir auf den aus dem ehemaligen Ostdeutschland stammenden Klaus Hartl. Ausgezeichnet berät er Margrit über Möglichkeiten, die Vulkane zu besteigen. Schliesslich entscheidet sich Margrit zu versuchen, auf den 6090m hohen Chachani zu steigen. Der erste Tag beginnt mit der Zufahrt aus Arequipa und endet nach einer gut zweistündigen Anfahrt auf 5000m. Nach 1½-stündigem Aufstieg auf 5250m, werden die mitgenommenen Zelte bei einsetzendem Schneefall aufgestellt. Die Nacht ist klar, kein Schneefall mehr. Um 1 Uhr in der Frühe ist Tagwache und um 2 Uhr beginnt der Aufstieg auf einem Zickzackweg, der nach 2 Stunden in Schnee übergeht. Also Steigeisen montieren und Eispickel in die Hand nehmen. Es klappt, eine Stunde nach Sonnenaufgang steht Margrit mit den anderen 4 Bergsteigern auf dem Gipfel!

 

Nun fahren wir zum Titicaca See. Dazu müssen wir durch die Stadt Juliaca. Wir waren gewarnt. An die Müllhalden entlang der Strassen Perus haben wir uns schon gewöhnt. Juliaca ist aber hässlicher als alles bisher getroffene. Auf der Hauptstrasse durch die Stadt hat es nur noch Reste von Asphalt, vor allem aber tiefe Löcher gefüllt mit einer Brühe aus Wasser, Öl und Unrat. Ohne auszusteigen fahren wir durch ins viel schönere Puno. Da besichtigen wir ein restauriertes Kanonenboot und verlassen danach Peru endgültig. Zum zweiten Mal reisen wir in Bolivien ein. Der Zollbeamte will uns nach einer Bedenkzeit von einer Stunde nur 30 Tage Aufenthaltsdauer gewähren. Mehr gäbe es nur gegen einen Zustupf. Korruption mögen wir aber gar nicht und erhalten schliesslich dank unseren Erfahrungen bei Grenzübertritten die gewünschten 90 Tage, ohne etwas zu bezahlen.

 

Am Titicaca See bleiben wir einige Tage in Copacabana. Direkt am See finden wir einen wunderbaren Stellplatz, sicher und ruhig. Margrit macht eine längere Bootsfahrt mit anschliessender Wanderung auf der „Isla del Sol“ und Peter hat endlich wieder einmal Zeit, ein Buch zu lesen. Wir lernen den Franzosen Robert und seine peruanische Frau Angie kennen. Sie wohnen in La Paz und machen ein paar Tage Urlaub in Copacabana. Sie haben den Verdacht, es bahne sich eine für Bolivien typische Strassenblockade an. Sie würden deshalb am Sonntag abreisen. Wir tun es ihnen gleich, ein guter Entscheid wie wir später erfahren werden.

 

Unser nächstes Ziel ist La Paz. Dazu müssen wir den Titicaca See bei der Engstelle von Tiquina, auf einer nicht gerade Vertrauen erweckenden Fähre überqueren. Aber der See ist ruhig und die Bretter halten. 


Wie üblich, herrscht in La Paz viel Verkehr und die Fahrweise der Bolivianer mit ihrem notorischen Drängeln macht es nicht einfacher. Plötzlich drängt sich ein PW vor uns rein. Er hat den Platz falsch eingeschätzt und hinterlässt Farbspuren an unserer Stossstange. Bei ihm ist der Schaden grösser und er versucht natürlich, vom Ausländer Geld zu erhalten. Wir beharren darauf, es sei seine Schuld und nach längerer Diskussion ist die Sache erledigt und wir können weiter fahren. 


Bereits im August 2012 waren wir im Camping des Hotels Oberland in La Paz. Von 12 Reisenden die dort sind, sind  wir 6 Schweizer. Dazu kommt neben unserem Duro und dem gelben VW-Bus noch ein drittes Fahrzeug aus der Schweizer Armee. Der gelbe Pinzgauer der Franzosen Elodie und Aurelien. Fast alle waren in der Werkstatt von Ernesto Hug. So auch wir, um den anstehenden Ölwechsel und ein paar Servicearbeiten vorzunehmen, ähnlich wie bereits im August 2012 (unser Bericht 8). Dazwischen sind wir 17'000 km gefahren.

 

Von Elodie und Aurelien erfahren wir, dass wir gut daran taten, Venezuela nicht zu bereisen. Sie waren dort. Als sie bei einem Rotlicht hielten, kam plötzlich ein Mann mit Maschinengewehr, und schoss auf die Autos. Der Fahrer im Fahrzeug vor ihnen wurde erschossen, Elodie durch einen Streifschuss und Glassplitter am Hals verletzt. Sobald sie wieder reisefähig war, verliessen sie Venezuela so rasch wie möglich. Das können wir sehr gut verstehen. Auf dem Camping im Oberland erfahren wir auch, die Strasse nach Copacabana sei seit Tagen blockiert, mindestens bis nach Ostern.


Unser letzter Reiseabschnitt durch Bolivien führt uns von La Paz aus westwärts. Als wir etwa 100km westlich von Cochabamba tanken, passiert uns ein Missgeschick. Die massiv unterschiedlichen Preise des Diesel für Bolivianer und Ausländer sind eigentlich die Ursache. Zunächst erklärt uns der sehr nette Tankwart, wir sollen ausserhalb des Bereichs der Überwachungskamera parken. Dann würde er uns den Diesel in Kanister abfüllen und wir könnten ihn dann in den Tank schütten, zum günstigen Preis (0.50 sFr statt 1.30 sFr pro Liter). Da aber gerade ungewöhnlich viel Betrieb herrscht, ruft er uns dann auf die Seite der Tanksäule, füllt den Tank auf und deutet uns sofort wieder wegzufahren. Und da vergessen wir, den Tankdeckel aufzuschrauben. Die folgende Strasse ist nicht asphaltiert und sehr holprig. Erst 100km später, beim Übernachtungsplatz angekommen, bemerken wir dass die ganze rechte Seite ist mit Diesel verspritzt ist, an den sich der Staub geheftet hat. Zum Glück haben wir einen Reserve Tankdeckel. Danach ist putzen angesagt. Der Übernachtungsplatz mit wunderbarer Aussicht auf die Berge und ins Tal, entschädigt uns für den Ärger.


In Samaipata, 100km östlich von Santa Cruz, finden wir den schönen Campingplatz La Vispera. Er wird von Holländern betrieben, mit europäischem Standard. Es gefällt uns gut und wir bleiben 5 Tage. Dabei lernen wir Susanne und Werner kennen, die vor 7 Jahren aus der Ostschweiz nach Bolivien ausgewandert sind. Sie erzählen uns viel über das Leben auf dem Land in Bolivien. Der gesetzliche monatliche Minimallohn beträgt umgerechnet 135 sFr., der Tageslohn eines Landarbeiters ist üblicherweise 9 sFr.


Was uns in diesem Reiseabschnitt nicht gefallen hat, sind touristische Auswüchse wie etwa massiv überhöhte Preise für Touristen für Eintritte bei Sehenswürdigkeiten, Museen usw. Das gibt es vor allem in Peru, etwas weniger in Bolivien. Nicht einverstanden sind wir mit der Beurteilung des internationalen Weltwirtschaftsforums. Danach sei Bolivien das unfreundlichste Reiseland Lateinamerikas. Dieser Bewertung können wir keineswegs zustimmen, obwohl uns die vielen Polizeikontrollen, bei denen sie immer wieder versuchen irgendwelche „Gebühren“ einzuziehen, schon ärgern.

 

Am 8. April verlassen wir Bolivien in Villa Montes und reisen ohne Probleme in Paraguay ein, dem achten südamerikanischen Land  unserer Reise.