Reise mit der Fähre von Genua nach Tanger, entlang der marokkanischen Mittelmeerküste ostwärts bis vor die algerische Grenze, dann in Marokko südwärts vom 18.12.2023 bis 27.1.2024

Am 18. Dezember fahren wir am Morgen in Brunnen los. Am späteren Nachmittag finden wir etwa 25km nördlich von Genua unseren ersten Übernachtungsplatz. Am nächsten Morgen fahren wir nach Genau und warten auf die Fähre. Das Einchecken klappt und wir bekommen wie gewünscht eine rollstuhlgängige Kabine. 50 Stunden später kommen wir nach einer angenehmen Überfahrt gut im marokkanischen Tanger an. Da es kurz vor Weihnachten ist, fahren viele marokkanische Leute mit vollgeladenen Fahrzeugen von den Arbeitsorten in Europa, zurück in ihre Heimat.

Nach der Ankunft in Tanger finden wir rasch einen Kiosk, der uns eine SIM-Karte für Maroc Telecom verkauft. Wir kaufen 2GB Datenvolumen für umgerechnet 2sFr. Viel tiefere Preise als in der Schweiz. Die Gegend entlang der Mittelmeerküste ostwärts ist sehr schön und wir finden jeden Abend wunderbare Übernachtungsplätze direkt am Meer. Es ist ausserhalb der Saison und die Strände sind praktisch menschenleer. Die vielen leeren Häuser und Wohnungen lassen erahnen, wie viel Betrieb hier im Sommer herrscht. In Tetouan, der zweitgrössten Stadt Nordmarokkos mit 350'000 Einwohnern, besuchen wir die Altstadt (Medina). Selbsternannte Stadtführer bieten immer wieder ihre Hilfe an, zu für lokale Verhältnisse unverschämten Preisen. Wir sind darauf vorbereitet und verhalten uns entsprechend abweisend. Die Stadt hat eine bewegte Geschichte. Sie wurde immer mal wieder von Spanien annektiert. Heute ist es eine lebendige Stadt mit pittoresken Gassen, Verkäufern und Handwerkern. Noch besser gefällt uns Chefchaouen. Auch diese Stadt hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Gegründet wurde sie 1471 als Stützpunkt gegen die Spanier und Portugiesen. 1920 rückten die Spanier ein, wurden vom Widerstandskämpfer Abdel Krim hinausgeworfen und darauf rief er die Rif-Republik aus. Bereits 1926 kamen die Spanier zurück und behielten die Stadt bis 1956. Damals wie heute leben die Menschen dieser blauen Stadt von Landwirtschaft, Handwerk und Handel. Heute durch den Handel mit Touristen. Mit Melilla sehen wir auf eine Stadt, die heute noch immer zu Spanien gehört. Mit riesigen Zäunen, Gräben und viel Militär zeigt sich die Abgrenzung zwischen Afrika und Europa. Für uns wäre eine Einreise in Melilla problemlos möglich. Wir verzichten darauf.

Das neue Jahr begrüssen wir an einem tollen Übernachtungsplatz am Strand von Ras-el-Ma. Er ist leer und wir geniessen die Aussicht und den Sonnenschein. Dank der Kommunikationsmittel stehen wir in Kontakt zur Schweiz und feiern den Jahresbeginn virtuell gemeinsam mit Freunden und Familie. Mit dem neuen Jahr ändert sich auch unsere Fahrrichtung. Nun geht es weg vom Mittelmeer, südwärts. In der Zegzel-Schlucht besuchen wir die Grotte des Pigeons. Ein schön gemachter Ort. Hier wurden die ältesten Schmuckstücke entdeckt, die man je gefunden hat. Man schätzt ihr Alter auf 40'000 bis 100'000 Jahre. In der Höhle fand man auch 12'000 Jahre alte Skelette.
Für die Fahrt südwärts wählen wir die kaum befahrene Strasse RN19 über Taourirt, Debdou und Tendrara. Die Strasse ist gut ausgebaut, alles asphaltiert. Am Morgen liegen die Temperaturen bei 6 Grad, am Nachmittag steigen sie auf 19 Grad. Sehr angenehm zum Fahren. Wir schauen uns in den grösseren Orten um und geniessen die Gegend auf dem Plateau du Rekkam. Eine riesige Hochebene auf 1300 m.ü.M. Die Wetterprognose kündet für den nächsten Tag einen Sandsturm mit Windgeschwindigkeiten von 60 bis 80 km/h an. Wir entscheiden uns, den Tag in der Stadt Tendrara zu verbringen. Zunächst fahren wir zum ehemaligen Bahnhof und den Überresten des Gefangenenlagers. Während des zweiten Weltkrieges mussten hier Juden Zwangsarbeit leisten um die Eisenbahnlinie von Oujda nach Bouarfa zu bauen. Heute werden auf der Strecke keine regelmässigen Fahrten mehr gemacht. Einzig ein Touristenzug soll da etwa ein Mal im Jahr noch fahren. Dabei müssen jeweils vorher die Geleise repariert werden. Bei Tendrara ist der Bahnhof eine Ruine, Das Durchfahrtsgeleise sieht noch danach aus, als ob ein Zug durchfahren könnte. Nicht aber die anderen Geleise zum Rangieren und die Abstellgeleise. Die sind gebrochen und es fehlen Geleiseteile.

Danach fahren wir in den Ort Tendrara. Er liegt auf 1450m und hat gut 10'000 Einwohner. Wir halten auf dem Platz vor der Gendarmerie. Bald kommt der Chef der Polizeistation. Er kann sehr gut französisch und fragt ob wir hier bleiben und übernachten wollen. Auf Peters Frage ob das möglich sei antwortet er: "avec plaisir". Danach schickt er einen genauso freundlichen Polizisten, der auch gut französisch kann und mit uns plaudert. Er macht Fotos von unseren Pässen und sagt, wir könnten hier auf dem grossen Platz der Polizeistation stehen wo wir möchten. Wir gehen in die Stadt und gelangen direkt zum Souk (Markt) wo Margrit frisches Gemüse einkauft.  In einem netten kleinen Restaurant gehen wir Nachtessen, zu einem Bruchteil des Preises den wir in der Schweiz bezahlen müssten. Am nächsten  Tag herrscht Sandsturm und wir verbringen die meiste Zeit im Duro. Langweilig wird uns dabei nicht. Die Reisebücher die wir dabei haben, liefern uns viele Angaben die helfen, die weitere Route festzulegen.

Nach dem Ende des Sandsturms fahren wir weiter südwärts mit dem östlichsten Ort Marokkos, der Oase Figuig. Da wir nicht auf derselben Strasse hin- und zurück fahren wollen, entscheiden wir uns, ab Bouârfa auf Pisten durch die Wüste zu fahren.  Sand hat es kaum, es ist fast alles Steinwüste mit ganz vereinzelt Vegetation und Menschen. Figuig ist eine riesige, bilderbuchmässige Oase, fast vollständig umgeben von Algerien. Leider herrscht zwischen Marokko und Algerien keine freundschaftliche Beziehung. Der seit 1973 schwelende Konflikt wegen der Westsahara, in dem Algerien die Unabhängigkeitsbewegung Polisario unterstützt, führt immer mal wieder zum Einsatz von Waffen, auf beiden Seiten.
Eingedeckt mit vielen süssen Datteln aus Figuig, fahren wir westwärts. Auf dem sehr schönen Campingplatz in Boudenib bleiben wir zwei Nächte. Wäsche waschen, Wasser auffüllen sowie die Planung der weiteren Strecke sind dabei unsere Aufgaben. Unser nächstes Ziel ist das Dorf Beni Tajjite. Wir haben uns beim deutschen Marokko Kenner Thomas Friedrich angemeldet. Thomas lebt seit vielen Jahren in dieser Gegend Marokkos und kennt Land und Leute ausgezeichnet. Unser Besuch gilt seiner Olivenfarm, die von einer Berber Familie bewirtschaftet wird. Der kürzeste Weg dorthin führt über den Col de Belkassem. Im Reiseführer steht, die Piste sei sehr steinig, was wohl in den letzten Jahren noch extremer geworden ist. Schon bei den die vielen ausgetrockneten Bächen die wir durchqueren müssen, sind wir froh um ausreichende Bodenfreiheit. So richtig gefordert ist dann der Duro beim letzten Aufstieg. Die Piste ist völlig ausgeschwemmt und wir müssen im ausgetrockneten „Bachbett“ die starke Steigung mit vielen grossen Steinen erklimmen. Belohnt werden wir mit einer tollen Aussicht rund um uns herum.

Bei Thomas werden wir freundlich empfangen. Zufällig kommen am gleichen Tag noch zwei weitere deutsche Reisemobile an. Thomas zeigt sich erfreut. Da sei wochenlang niemand da und nun gleichzeitig 3 Paare. Platz hat es mehr als genug. Die Olivenfarm ist gross und dort wo nicht bewässert wird, sind nur Stein und Lehm. Wir erfahren sehr viel vom Leben und Geschäften in Marokko. Thomas ist ein sehr umtriebiger Mensch und hat in seinem Leben in Marokko viel Erfahrungen gesammelt. Seit einigen Jahren wird der Wassermangel zu einem immer grösseren Problem. Der Brunnen musste immer tiefer gebohrt werden, da auch der Grundwasserspiegel kontinuierlich sinkt. Aktuell muss das Wasser aus 100m Tiefe hochgepumpt werden. Während es früher zu dieser Jahreszeit hier oftmals regnete, ist aktuell seit Monaten keine Regen mehr gefallen.
Thomas führt uns zu einer der Bleiminen. Bergbau ist die Hauptbeschäftigung der Leute in Benj Tajjite. Der Bleigehalt im Gestein ist sehr hoch und entsprechend könnte der Abbau sehr lohnenswert sein. Als die Franzosen in Marokko das Sagen hatten, wurde industrieller Bergbau betrieben. Seither sind die Anlagen zerfallen. Abgebaut wird wieder mit veralteten und für die ArbeiterInnen gesundheitsschädigenden Methoden. Das hier gewonnene Blei ist auf dem Weltmarkt wegen der ungeeigneten Abbaumethoden nicht konkurrenzfähig.
Thomas wird in all den Orten mit Begeisterung begrüsst, da er sich sehr für die Bevölkerung hier im ärmsten Teil von Marokko engagiert. Thomas nimmt auch gebrauchte Kleider aus Europa entgegen und verteilt sie an die Nomaden. Weiterhin betreibt er eine individualpädagogische Projektstelle, in der gestrauchelten Jugendlichen aus Deutschland ein anderes Umfeld und das Nachholen der schulischen Ausbildung angestrebt wird.

Nach 3 Tagen verlassen wir Thomas. Durch die eindrückliche Schlucht „Gorges du Ziz“ gelangen wir in die Provinzhauptstadt Errachidia. Wir decken uns im Marjane Supermarkt mit Lebensmitteln ein. Hier herrscht neben dem lokalen auch ein internationales Angebot an Produkten. Erneut verlassen wir die asphaltierte Strasse und fahren weiter auf Pisten.

So erreichen wir die Skulpturen des deutschen Künstlers Hannsjörg Voth. Mitten im „nirgendwo“ finden wir die drei Kunstwerke. Jedes in Sichtweite der beiden anderen. Zuerst die „Stadt des Orion“ die von 1998 bis 2003 von ortsansässigen Handwerkern nach den Vorgaben des Künstlers gebaut wurde. Danach besuchen wir die „Himmelstreppe“ und zum Schluss die „goldene Spirale“. Sie ist über einen Brunnen gebaut und die Spirale wächst nach den Zahlen der Fibonacci-Reihe.
Ein weiterer Besuch, in den Untergrund nur für Margrit, gilt den „Khettaras“. Das ist ein unterirdisches Bewässerungssystem. Bis zu 20m unter der Erdoberfläche leiteten schwach abfallende Kanäle das Wasser zu den Oasenbauern. Heute sind die Kanäle trocken, das Grundwasser liegt viel tiefer.

La Gara Medouar ist eine hufeisenförmige geologische Formation in der Nähe von Sijilmasa, heute Rissani. Im 11. Jahrhundert wurde es zu einer Festung ausgebaut. Die lokale mündliche Überlieferung besagt, dass der Ort vor Jahrhunderten von portugiesischen Sklavenhändlern genutzt worden war, die den Ort als Lagerhaus genutzt hätten. Die zeitgenössische Rolle als Touristenziel begann mit Filmszenen die hier gedreht wurden.

Durch den schönen Torbogen fahren wir in Rissani ein. Das hübsche Oasenstädtchen am Rande der Wüste, war im Mittelalter ein bedeutender Karawanenstützpunkt und Handelszentrum. Am Donnerstag als wir eintreffen ist Markt mit einem grossen Angebot von Bäckern, Metzgern und Handwerkern. Auch Schafe, Ziegen, Hühner aber auch Uhren und Plastikwaren werden verkauft. Ganz im Zentrum finden wir einen schönen Übernachtungsplatz. Bis 23 Uhr hat es noch Verkehr und spielende Kinder, danach ist es sehr ruhig.

Am Rande des Erg Chebbi, dem grössten Dünengebiet Marokkos, liegt Merzouga. Der Ort lebt unterdessen vom Tourismus. Das einst staubige Wüstendorf aus einigen Lehmhäusern ist nun auf asphaltierter Strasse erreichbar. An jeder Ecke stehen Gästehäuser, Restaurants, 4x4 Fahrzeuge, Quads und Angebote für Kamel- und Wandertouren in die Sanddünen.Beim Duro ist bei einer Halterung eine Schraube gebrochen. Wir halten bei einer Autowerkstatt, die uns sogleich  problemlos eine neue Schraube anschweissen und gleich noch andere Wartungsarbeiten erledigen.

Wir umrunden mit dem Duro in einer eintägigen Tour die Sanddünen. Damit bekommen wir einen Eindruck was uns bevorsteht mit der vorgesehen Pistenfahrt nach Zagora.  Allerdings verzögert sich  die um eine Woche. Zunächst Margrit, kurz danach Peter, werden von der Grippe heimgesucht. Hohes Fieber und mehrtägige Bettruhe sind die Folgen. Margrits gut geplante, mitgenommen Hausapotheke, hilft dem Immunsystem uns wieder gesund zu machen. Im Camping haben wir einen wunderbaren Platz um auszuharren, mit guter Infrastruktur und idealem Blick auf die Sanddünen.