Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan – Pamir Highway vom 14. April bis 26. Mai 2017

Unser Visum für Turkmenistan erlaubt uns vom 14. bis 18. April im Land zu reisen. Turkmenistan wurde vom verstorbenen Präsidenten Turkmenbashi zu einem sehr abgeschlossenen Polizeistaat. Sein von ihm bestimmter Nachfolger setzt den eingeschlagenen Weg fort und wir erfuhren schon an der Grenze, was es heisst, sich in einem solchen Staat zu bewegen. Die Ausreise aus dem Iran klappt gut, die Zöllner sind sehr nett und nach 1 Stunde stehen wir vor den bewaffneten Soldaten Turkmenistans. Nachdem sie unsere Pässe kontrolliert haben, lassen sie uns bis zur nächsten Sperre fahren. Da erneutes Prüfen unserer Papiere und wir werden zum Zollgebäude vorgelassen. Margrit geht wie immer mit den Pässen zum Schalter. Der Beamte besteht darauf, dass auch Peter zum Schalter kommt und befiehlt den Soldaten, Peter beim Aussteigen zu helfen. Peter kann das aber besser alleine und muss die durchaus gut gemeinten aber unbrauchbaren Hilfsversuche ablehnen. Einer der Soldaten der Englisch kann, ist sehr nett und begleitet uns durch das ganze Prozedere. Er meint entschuldigend, ein Rollstuhlfahrer sei für sie etwas völlig Ungewohntes und sie wüssten überhaupt nicht wie damit umzugehen. Nachdem uns eine Beamtin recht unfreundlich 138 Dollar für Desinfektion des Fahrzeuges (die nicht gemacht wurde) und das Einkleben des Visums abgenommen hat, kommen wir zur Fahrzeuginspektion. 4 Personen schauen sich vieles in unserem Fahrzeug an, öffnen alle Schubladen und blättern ausgiebig in den deutschsprachigen Büchern die herumliegen. Immer wieder fragen sie, ob wir keine Waffen hätten und durchsuchen alle Spraydosen nach Pfefferspray. Nach 3 Stunden können wir weiterfahren versehen mit dem Befehl, bis Ashgabat keine Fotos zu machen. In der Hauptstadt des Landes finden wir breite, gut ausgebaute Strassen, mit wenig Verkehr. Von anderen Reisenden wissen wir, wo wir in der Stadt einen Stellplatz finden. Die beiden Bewacher haben Freude an unserem Fahrzeug und so steht es rund um die Uhr bewacht, ganz sicher. Nicht unser Fahrzeug sondern auch die Gebäude, Parks und Strassen wimmeln von Polizisten. Wir gehen durch die sehr schönen Parks der Stadt, in der fast alle Häuser aus weissem Marmor sind und zwar klinisch sauber aussehen, aber ganz schön langweilig sind. Auch die Parks sind sehr sauber, aber ausser dem zahlreichen Putzequippen die die Gräser ausreissen und mit der Handbürste Flecken auf dem Belag schruppen, sind wir die einzigen Leute. Alles kommt uns so steril und leblos vor. Nach einer ruhigen Nacht fahren wir zum Museum und Denkmal für die Opfer des Erdbebens 1948. Leider dürfen wir kein Foto davon machen, wie Peter mit der vergoldeten Hebebühne ins Gebäude geführt wird. Genauso ist fotografieren aller "wichtigen" Gebäuden und Anlagen untersagt. Das Museum ist sehr monumental aufgebaut und zeigt Eindrücke vom damaligen Erdbeben, das die enorme Stärke 9 hatte und die Stadt völlig zerstörte. Damals war Turkmenistan Teil der Sowjetunion, die Angaben über das Erdbeben blieben lange geheim und der Ort war Sperrgebiet. Die Maxime, alles sei durch Menschhand mach- und beherrschbar, liess sich nicht mit der Katastrophe vereinbaren.

Am gleichen Tag verlassen wir Ashgabat Richtung Norden durch die Karakum Wüste. Mehrmals kontrolliert uns die Polizei an Strassensperren, ob wir nicht von der Route abweichen, die wir am Zoll festlegen mussten. Je weiter weg wir von Ashgabat kommen, desto schlechter wird die Strasse. Der Asphaltbelag ist voller Löcher und zwingt uns manchmal mit weniger als 10 km/h zu fahren. Viele turkmenische Fahrer sind da grosszügiger und brettern mit fünffacher Geschwindigkeit darüber. Das Resultat sehen wir laufend. Überall liegen Reifenteile oder abgenrochene Fahrzeugteile herum. Und alle paar hundert Meter steht ein Fahrzeug mit Reifenpanne. Kurz vor Darvazza winkt uns ein PW-Fahrer. Wir folgen ihm. Er ist Tourenführer mit einem Gast. E hat uns in Ashgabat beim Hotel, vor dem wir übernachteten, gesehen. Er führt, uns zwei Kratern, von denen nichts im Reiseführer stand. Schliesslich fahren wir zum grossen Gaskrater, wo wir über Nacht bleiben. Die Zufahrt ist über eine Piste mit stellenweise Sand. Im Geländegang kommen wir problemlos durch. In der Nacht leuchtet der Krater sehr imposant. Später kommen sehr viele Fledermäuse, die vom Gaslicht sehr eindrucksvoll beleuchtet werden. Ein Höhepunkt Turkmenistans und unserer Reise. Inmitten der Wüste Karakum wurde auf der Suche nach Erdgas hier in den siebziger Jahren Explorationsarbeiten durchgeführt. Das Gestein an der Bohrstelle war instabil und stürzte während dieser Arbeiten ein. Es entstand ein Krater mit einem Durchmesser von etwa 200 Metern und einer Tiefe von 50 Metern. Aus hunderten Spalten im Gestein tritt Erdgas aus. In den folgenden Jahren verendeten viele Tiere in der Umgebung des Kraters. Darüber, wie sich das ausströmende Gas entzündete und seither ununterbrochen brennt, existieren verschiedene Geschichten.

Am 18. April verlassen wir Turkmenistan und reisen in Usbekistan ein. Am turkmenischen Zoll sind die Beamten sehr freundlich, desgleichen die usbekischen Zollbeamten. Etwas mühsam ist die detaillierte Kontrolle und das Auseinandernehmen und Nachfragen über alle Medikamente, Salben und Flaschen die wir dabei haben. Von anderen Reisenden wussten wir, dass auch Kamera und Telefone nach Bildern durchsucht werden. Dafür gibt es auf den Geräten die Möglichkeit verschiedene Benutzer zu verwalten... Das hat sich sehr bewährt, denn Peter hat dem Beamten zugeschaut, wie er unwissentlich ins Menü 'Einstellungen' kam und wild herumgedrückt hat. So kam dann immer die Meldung "Berechtigung fehlt", in Deutsch natürlich. Andrerseits ist eine Zollbeamtin die einigermassen englisch kann, sehr nett. Sie bestätigt uns, dass wir mit dem Fahrzeug keine sonst für Touristen notwendige regelmässige Registration benötigen und wie wir am besten zu Bargeld kommen. 

Diesel bekommt man in Usbekistan nur vereinzelt an Tankstellen. Die neuen Fahrzeuge haben alle Gas und auch von den alten wurden viele umgerüstet. Sobald der Tank halb leer ist, beginnen wir Ausschau nach einer Dieseltankstelle zu halten. So kommen wir immer rechtzeitig zu Diesel. Bezahlen muss man mit einem ganzen Bündel Banknoten. 50 Liter kosten 160'000 Som. Dafür braucht es 32 Noten. Zum offiziellen Kurs läge der Literpreis bei umgerechnet 90 Rappen, wir tauschen aber immer auf dem Schwarzmarkt Geld und zahlen damit umgerechnet nur 45 Rappen pro Liter. Immer noch ein Vielfaches vom Preis in Iran. In Chiwa finden wir eine sehr gute Touristeninformation, eine Möglichkleit unsere Wäsche waschen zu lassen, eine Haftpflichtversicherung für unser Fahrzeug für 2 Monate zum Preis von CHF 5.20 und auch noch eine SIM Karte. Bei einem Mobilnetzanbieter fragen wir, ob jemand Englisch könne. Der Verkäufer antwortet mit "yes", das einzige Wort Englisch das er kennt. Aber er weiss sich zu helfen. Ruft jemanden an und gibt Peter das Telefon. Am anderen Ende jemand der Englisch kann und dem wir sagen können was wir wollen. So kommen wir zu einer SIM Karte, obwohl Ausländer in Usbekistan keine kaufen dürften. Wir bezahlen für 3GB Daten umgerechnet CHF 10.- und haben wieder (etwas langsames) Internet. Neben unseren alltäglichen Gedanken und Beobachtungen, versuchen wir auch einmal, die grösseren Zusammenhänge zu erfassen.

Chiwa ist einer der Orte wo zwei Lebensadern Zentralasiens zusammentreffen: das Wasser und die Seidenstrasse. Wobei kein Zweifel besteht, welche von beiden die grössere Bedeutung hat. Der Fluss Amu Darya, der im Pamir-Gebirge von Tadschikistan entspringt, ist der wasserreichste Fluss, Lebensader und Schicksalsfluss Zentralasiens. Er vermag zwar noch die Wüste Kyzyl Kum zu durchfliessen, aber nicht mehr den Aralsee zu speisen. Die Folge: Der einstmals viertgrösste See der Welt ist zu einer Lache geschrumpft. »Wenn der Amu Darya stirbt, sterben wir morgen alle.« Von dieser alten Weisheit liessen sich die Menschen in Zentralasien lange leiten, wie traditionelle Wasserbauten belegen, die umweltschonender und effektiver waren als die später von den sowjetrussischen Kolonialherren geschaffenen.  Stalin und seine Nachfolger hielten ihre Planer und Ingenieure dazu an, alles umzusetzen, was machbar war, je gigantischer, desto besser. Wer den Klassenfeind besiegen kann, meinte der Stählerne, »schafft auch die Natur«. Sicher hätte Stalin auch die Seidenstrasse nach Sibirien verlegt, wenn sie nicht schon Vergangenheit und Seide als Luxusartikel der Bourgeoisie verpönt gewesen wäre. Das Proletariat braucht Baumwolle, entschied der Diktator. Raum gab es dafür genug, vor allem in Usbekistan. Dort war die Steppe weit und leer, aber trocken – »Hungersteppe«. Daraus sollte eine blühende Landschaft werden. Man grub den beiden Flüssen Syr Darya und Amu Darya, der damals noch breiter als der Nil war, das Wasser ab und goss damit die Steppe. Überall, wo Platz war, pflanzte man Baumwolle. Als die beiden Flüsse kein Wasser mehr in den Aralsee leiteten und das Meer wich, jubelten die Kolchosbauern über neu gewonnenes Ackerland. Um die Industrialisierung der Landwirtschaft voranzutreiben und den Einsatz von Maschinen bei der Baumwollernte zu erleichtern, liess man aus Flugzeugen das Entlaubungsmittel Agent Orange herabregnen, das die Amerikaner im Vietnamkrieg eingesetzt hatten. Das Ergebnis waren Rekordernten, die der Sowjetunion den Weltmeistertitel im Baumwollexport einbrachten, aber die Umwelt nachhaltig schädigten. Trotz der verheerenden Folgen, die das Erbe der Sowjetzeit nach sich zieht, findet kein Umdenken statt. Auch die junge unabhängige Republik Usbekistan verdient den überragenden Teil ihrer Deviseneinnahmen mit dem Verkauf von Rohbaumwolle. Daran zu rütteln gilt als Tabu. Neuerdings verwendet man das Wasser auch für Reis, eine Pflanze, die noch mehr Wasser braucht, entgegen aller wirtschaftlichen Vernunft. Eine Tonne in Usbekistan produzierter Reis kostet doppelt so viel wie eine Tonne Reis auf dem Weltmarkt. Dahinter steckt das politische Streben nach nationaler Unabhängigkeit. So sehr das Verlangen nach Autokratie nach der jahrelangen Bevormundung durch Moskau nachvollziehbar ist, es steht einer Lösung der Wasserproblematik im Wege. So beeindruckend die legendären Städte Chiwa, Buchara und Samarkand mit ihrer märchenhaften Architektur, geprägt von blauen Kuppeln und glasierten Kacheln sind, darf man nicht vergessen, wie sehr sich die Lebensgrundlage der Region verschlechtert hat.

 

Nach den vielen Moscheen, Medresen und Minaretten in Chiwa und Buchara, die für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich sind, fahren wir zu einem See, nicht weit von Bukhara. Unser Navi führt uns auf einer miserablen Strasse zum Ziel. Die Lastwagen der Bergbaufirmen die hier Erdmassen verschieben um Gold und Uran zu fördern, zerstören die Strassen völlig. Für die Leute die da Leben eine Katastrophe. Ihnen bleibt nur eine zerstörte Landschaft, Staub, unbenutzbare Strassen und verseuchtes Wassser. Die Gewinne fliessen in andere Taschen. Am Ende der schlechten Strasse erwartet uns ein schönes Camping direkt am See. Da lernen wir die beiden Franzosen Henri und Olivier kennen, mit denen wir in den nächsten Städten Samarkand und Tashkent an denselben Orten übernachten, sowie Erfahrungen und Pläne austauschen. In Samarkand und noch mehr in Tashkent, ist mehr als sonst im Lande für Rollifahrer erreichbar, aber immer nur mit Begleitperson. Allerdings ist die Art wie die Strassen hier gebaut sind, für Rollifahrer sehr mühsam. Bei den grössen Strassen hat es in der Strassenmitte immer grosse Zäune oder Mauern, die ein Überqueren der Strasse verhindern. Zwar gibt es dann Fussgängerunterführungen, aber natürlich mit Treppen. Wir mussten bis zu einem km Umweg machen, bloss um die Strasse zu überqueren und das dann auf der Fahrbahn an einer Kreuzung mit viel Verkehr. Die Aussage in unserem Reiseführer "In Usbekistan ist nichts behindertengerecht gebaut, und Behinderte nahmen am öffentlichen Leben nicht teil", ist nicht von der Hand zu weisen. Im  neuen Polytechnischen Museum in Tashkent gibt es sogar eine Rampe ins Gebäude (nicht aufs hohe Trottoir), darin ist alles rollstuhlgängig und es hat eine Behindertentoilette. Nur ist sie abgeschlossen und ein Schlüssel von den zahlreich vorhandenen Aufsichtspersonen nicht aufzutreiben. Das Museum zeigt, die Entwicklung der landwirtschaftlichen Maschinen, der Automobil- und weiterer Industrie in Usbekistan.

Nach Tashkent fahren wir zunächst ostwärts ins Ferganatal, dem geografischen Zentrum Mittelasiens. 9 Millionen Menschen leben in der Region mit einer Fläche von 80'000 Quadratkilometer, über die Hälfte davon in Kirgistan, der Rest in Usbekistan und Tadschikistan. Es gibt riesige Obst- und Gemüseplantagen und viele Maulbeerbäume zur Seidenraupenzucht. In der Stadt der Seide, Margilan, besuchen wir die Seidenfabrik Yodgorlik. Das passt sehr gut zu unserer Reise auf der Seidenstrasse. Wir erhalten eine sehr interessante Führung vom Verkaufsleiter, der sehr gut Englisch kann und uns alles zeigt und erläutert von der Zucht der Seidenraupe bis zu den Stoffen. Beeindruckende Zahlen sind etwa folgende: 20 Gramm Eier der Seidenraupe brauchen als Nahrung alle Blätter von etwa 600 Maulbeerbäumen. 1 Cocon, das Lebensende der Seidenraupe, enthält 2000m Rohseide. In Rishtan finden wir die Keramikwerkstatt von Rustan Usmanov. Er zeigt uns seinen Familienbetrieb in der Tassen, Teller, Wandbilder usw. mit der für die Region typischen filigranen Floralornamenten mit türkis und tiefblauer Farbgebung. Im Betrieb arbeiten 4 Töpfer und 40 Maler. Wir können ihnen bei der Arbeit zusehen und haben Glück, denn töpfern kann man aus klimatischen Gründen hier nur im Frühling.

Unserem nächster Grenzübertritt nach Tadschikistan dauert 3.5 Stunden. Obwohl wir fast die einzigen Reisenden sind, dauert alles ewig, geht aber ohne Probleme. Einer der Zollbeamten kommt uns vor wie ein Komiker. Er ist zwar sehr nett, aber manchmal muss sich Margrit ganz schön zusammennehmen, um nicht laut herauszulachen. So will er unsere Pässe kopieren, hat einen Kopierer aber kein Papier. Nachdem all seine Bemühungen und selbst das Telefonieren nichts fruchten, holt Margrit eine Kopie unserer Pässe, die wir ihm überlassen. Ein weiteres Problem gibt es, als er am Schluss die vielen Formulare mit einem Postich zusammenheften will. Es geht nicht. Also sucht er lange nach Klammern und findet schliesslich irgendow ein paar. Beim Einsetzen in den Postich sieht er nun, dass noch Klammern drin sind. Wohin nun mit den so lange gesuchten Klammern? Er ist immer sehr freundlich und bei der Durchsuchung des Fahrzeuges sehr zurückhaltend. Der Grenzübergang ist sehr steril, keine Händler, kein Geldwechsler, kein Restaurant. So fahren zunächst ohne Tadschikische Somini im Land. Am nächsten Tag fahren wir in die zweitgrösste Stadt des Landes, Khujand. Von der OSM Karte haben wir die Koordinaten eines Bancomates. Und siehe da, er funktioniert und mit der Postcard können wir 2000 Somoni (CHF 235) beziehen. Damit kommen wir auch rasch zu einer SIM-Karte. Zusammen mit 2GB Daten bezahlen wir dafür 7 CHF. Damit haben wir Internet und Peter kann via WhatsApp etwas dabei sein bei seiner Steelband, die dieses Wochenende ihr grossen Konzerte hat.

Am 8. Mai geht es südwärts Richtung Dushanbe. Der erste Pass ist der Shakristan Pass mit dem Scheiteltunnel auf 2600m. Er wurde von den Chinesen gebaut und 2012 nach sechsjähriger Bauzeit fertig gestellt. Der 5253m lange Tunnel ist allerdings kein Vorzeigeobjekt. Er ist, wie die Strasse auf beiden Seiten, bereits baufällig. Im Tunnel herrscht Gegenverkehr, die Beleuchtung ist schlecht und die Luft noch schlechter. Eine Belüftung gibt es nicht. Danach müssen wir ins Tal, auf unter 1500m hinunter fahren. Den nächsten Hügelzug, das schroffe 5000 Meter hohe Zarafshan-Gebirge, queren wir weder über einen Pass noch durch einen Tunnel. Der Fluss Fan hat hier ein senkrechtes Tal ins Massiv geschnitten, in dem auch noch die Strasse Platz hat. Während des Aufstieges zur dritten Bergkegtte, der Hisor-Kette, zweigen wir in ein Seitental ab. Wir fahren zum Iskanderkul - dem See des Alexander. Laut Legende musste hier Alexander der Grosse sein Pferd Bucefalus zurücklassen. Dieses steigt in den Vollmondnächten aus dem Wasser. Wir haben Vollmond, sehen aber nichts vom Pferd.

Mit dem Wissen, es wird in Duschanbe heiss sein, versuchen wir noch etwas der 8 Grad "Kälte" vom Iskanderkul in die Hauptstadt mitzunehmen. kaum sind wir losgefahren, begegnet uns ein einsamer Wanderer. Wir kommen ins Gespräch. Er ist Belgier und er sagt, er hätte uns vor 5 Jahren schon in Südamerika gesehen. Nun kommen wir zum längsten Tunnel Tadschikistans beim Anzob Pass. Der Tunnel liegt auf 2700m und ist 5km lang. Der  Bau des Tunnels begann 1988. 1999 wurde er von einem iranischen Konsortium weitergebaut und 2006 eröffnet. Die Fahrt durch den Tunnel war aber ein gefährlichres Unterfangen, denn  er war in einem miserablen Zustand. Im März 2015 wurde er nach halbjähriger Bauzeit ein weiteres Mal eröffnet. Der heutige Zustand ist nicht mehr so schlecht, die Beleuchtung aber immer noch ungenügend, Ventilation gibt es wohl keine und andere Sicherheitseinrichtungen wie wir das in Europa kennen, fehlen komplett. Zudem schienen uns Strassenbelag und Tunnelwände bereits wieder sanierungsbedürftig und auch Wasser läuft immer mal wieder über die Fahrbahn. Wir kommen ohne Probleme durch den Tunnel und durchfahren eine schöne Landschaft mit immer mehr Ferienhäusern, je näher wir Duschanbe kommen. Hier lernen wir zwei deutsche Motorradfahrer kennen, die eine Woche früher auf dem Pamir Hihgway umkehren mussten, weil Schnee und Erdrutsche die Strasse verschüttet hatten. Wir treffen auch zwei Holländer die mit ihrem Jeep für die nächsten rund 1000km die gleiche Route fahren wollen wie wir. Auch eine Gruppe von fünf Motorradfahrern, zwei davon Schweizer aus dem Kanton Bern, ist auf demselben Weg und wir, und begegnen uns die nächsten Tage immer wieder. Bevor wir uns auf den Pamir Highway machen, bekommt der Motor unseres Duro einen Ölwechsel, bei einem Mechaniker der sehr gut Englisch kann. Im Hostel in Duschanbe, wo wir im Innenhof stehen und die anderen Reisenden getroffen haben, geht es zum Aufenthalts- und Frühstücksraum eine Treppe hoch. Ein anwesender Tadschike hilft uns bereitwillig im Rollstuhl die Treppe. Obwohl er Englisch kann und wir ihm sagen was zu tun sei, meint er es besser zu wissen und stösst wie ein Stier den Rollstuhl die Treppe hinauf. Dabei stürzt Margrit und fällt aufs Steissbein. Heftige Schmerzen sind die Folgen, aber es scheint nichts gebrochen.

Am Tag bevor wir abreisen, treffen im Gästehaus zwei Schweizer Velofahrerinnen ein. Sie wollen den Anzob Pass befahren, von dem wir kommen. Natürlich nicht den schlechten Tunnel sondern die Schotterstrasse über den 3373 m hohen Pass. Eine grosse Herausforderung.

Am 15. Mai verlassen wir Duschanbe Richtung Pamir. Bei Norak kommen wir zum Stausee mit einem über 300m hohen Schüttdamm, er soll der höchste der Welt sein. Das Kraftwerk wurde 1980 in Betrieb genommen und hat 9 Turbinen mit je 330MW Leistung. Als wird dort sind läuft aber nur eine, dafür läufen viele Kubikmeter Wasser pro Sekunde in  einer riesige Fontäne ungenutzt aus dem Entlastungsstollen. Warum das gemacht wird wissen wir nicht. Wie wir anschliessend beim Aussichtspunkt sehen ist nämlich der See bei Weitem nicht voll. Auf der Weiterfahrt kommen wir an eine Stelle, wo Wasser aus der Böschung auf die Fahrbahn läuft. Die Strasse ist glitschig und wir werden in einen kleinen Unfall verwickelt. Ausser einigen Kratzern an der Stossstange passiert uns und unserem Fahrzeug aber nichts. Glück gehabt! Nach Kuljab kommen wir zum Grenzfluss Panj. Für mehrere hundert Kilometer geht unsere Strasse nun dem Fluss entlang, bis hinauf auf 3800m. Auf der anderen Seite des Flusses ist Afghanistan. Wir sehen die Strassen, Häuser und Menschen in diesem vom Krieg geschüttelten Land. Obwohl die Strasse auf unserer, der tadschikischen Seite, teilweise sehr schlecht ist, sieht es auf der anderen Seite noch schlimmer aus. Gegen Abend suchen wir uns einen Übernachtungsplatz zwischen Strasse und Grenzfluss. Ein Bauer lädt uns ein, uns auf seine Wiese zu stellen. Mit dem wenigen Russisch das er und wir können, gelingt es uns etwas miteinander zu kommunizieren. Eine Einladung in sein Haus müssen wir ablehnen, mit dem Rollstuhl ist auf dem Gelände kein Durchkommen. Weniger Glück haben wir am folgenden Tag. Wir haben einen ruhigen Übernachtungsplatz gefunden, abseits der Strasse am Fluss. Um 20:45, es ist dunkel und wir haben gerade gegessen, klopft es lautstark an die Türe. Fünf bewaffnete Soldaten stehen da. Einer kann russisch und fragt woher wir kommen. Pässe will er nicht sehen. Dann beginnt er zu telefonieren. Es dauert und dauert. Nach über einer halben Stunde übergibt er Peter sein Telefon. Am anderen Ende ein englisch sprechender Mann. Er sagt, wir stünden zu Nahe an der Grenze zu Afghanistan. Auf unsere Frage, ob denn die Strasse auch unsicher sein, meint er nein. Darauf fragen wir ihn, ob es denn sicher genug sei, wenn wir unser Auto 20m näher an die Strasse stellten. Das bejaht er, und wir verschieben uns die paar Meter. Na ja, Militär und Unsinn sind wohl unzertrennlich.

Auf der holprigen Strasse sind wir mit einer Durchschnittsgeschgwindigkeit von 10km/h unterwegs. Da kommt uns ein PW mit schwedischen Kontrollschildern entgegen. Es sind Catharina und Bert, die den Pamir-Highway mit ihrem Saab, den sie zum Schlafen komfortabel ausgebaut haben. Wir staunen, dass sie es mit diesem Fahrzeug über die vor uns liegenden Pässe geschafft haben. Ganz ohne stecken zu bleiben sei es schon nicht abgelaufen, erzählen uns die beiden. Auch für uns hat die miserable Strasse Folgen. Die Halterung der Sandbleche an der Rückwand wird ausgerissen. Glücklicherweise verklemmt sie sich zwischen Rückwand und Reserverad. So verlieren wir nichts in können uns am Abend der Reparatur widmen. Dank Schrauben und Werkzeugen die wir dabei haben, finden wir einen anderen Ort für die Sandbleche, wo wir sie besser befestigen können.

In Khorog finden wir die wohl beste Touristeninformation von ganz Tadschikistan. Sie wissen wo in der Stadt wir einen guten Platz zum Übnernachten finden und können uns auch den Namen des Zöllners nennen, bei dem wir unsere temporäre Einfuhrbewilligung für unser Fahrzeug verlängern können. Drei Mal müssen wir beim Zoll vorbei, bis uns der Herr empfängt. Seine Laune ist aber nicht nach Arbeiten und er sagt, wir sollten das erst kurz vor der Grenze machen. Dies obwohl dann unsere Bewilligung abgelaufen sein wird. Selbst der Soldat am Eingang des Hauses meint, das verstehe er nicht. Später in Murgab finden wir dann die Zollstelle und der Beamte will sich an der Verlängerung ziemlich bereichern. Das passt uns aber nicht und schliesslich bekommen wir den Stempel für den üblichen Tarif. In Garam Chasma, was auf tadschkisch warme Quelle heisst, geht Margrit baden. Am nächsten Tag macht sie mit einem Führer eine Wanderung das Tal hinauf. Dabei kommen sie an Quellen vorbei, bei denen Mineralwasser mit Kohlensäure aus dem Boden kommt. Wir bekommen, im Gegensatz zu vielen anderslautenden Meldungen, problemlos in mehreren Dörfern auf dem Pamir Highway Diesel. Die Landschaft ist grandios, nur bleibt dem Fahrer kaum Gelegenheit sich umzuschauen. Die Strasse ist zwar meistens breit, aber es hat so viele Löcher, dass man sich voll aufs Fahren konzentrierten muss um nicht abzurutschen oder Schäden am Fahrzeug zu riskieren. Umso mehr geniessen wir jeweils am späteren Nachmittag die Zeit bei einem schönen Übernachtungsplatz. Am nächsten Tag fahren wir mit Margrit am Steuer über den 4344m hohen Khargush Pass. Wir fahren an dem Tag 105km und brauchen dafür 7 Stunden. Insgesamt begegnen uns nur 3 Fahrzeuge und 1 Velofahrer, der aus London stammt. Kurz vor Murghab hört Peter plötzlich ein zischendes Geräusch. Margrit kann die Vermutung rasch bestägtigen, Im linken Hintterrad steckt ein rostiges Eisen, das den Pneu durchdrungen hat. Wir beginnen mit Rad wechseln. Schon bald hält ein Jeep mit einheimischen Leuten. Sofort helfen sie uns und in 20 Minuten ist das Rad gewechselt. 60km später finden wir in Murghab eine "Vulkaniszion", die unseren Pneu flicken kann. Zwar nicht mehr am gleichen Tag, da der Strom ausgefallen und kein Kompressor mit Benzinmotor zur Verfügvung steht. So entscheiden wir uns, über Nacht im Innenhof eines Gästehauses zu stehen. Wir sind noch nicht nicht lange da, da kommen die fünf Motorradfahrer, die wir und Duschanbe kennen gelernt haben. Wir alle freuen uns über das Wiedersehen. Spät in der Nacht kommen sogar noch die beiden Holländer mit dem Jeep an denselben Ort. Sie sind vorher in einem "trockenen" Bach stecken geblieben und mussten den Jeep wieder frei schaufeln. Am nächsten Morgen ist der Ersatzkompressor bereit und der Mechaniker flickt sorgfältig unseren Reifen und repariert auch noch die klemmende Kippvorrichtung am Duro. Für 2.5 Stunden Arbeit plus Flickmaterial verlangt er 50 Somoni, was umgerechnet 6 CHF entspricht. Dank viel Trinken und nicht alzuvielen Höhenmetern pro Tag, bleiben wir von der Höhenkrankheit verschont. Dafür hat Pegter Probleme mit den Muskeln in den Oberschenkeln. Sie schmerzen und so kann er gar nicht mehr stehen, was das Ein- Aussteigen sehr mühsam macht.

Der 26. Mai ist unser letzter Tag in Tadschikistan. Wir übernachten am Karakul (See) auf 4000m, weit und breit alleine. In der Nacht geht die Tempoertur auf 1 Grad zurück. Auf dieser Höhe funktioniert die Diesel Standheizung nicht, dafür wärmt die Sonne unser Auto rasch auf und als wir um 7 Uhr frühstücken haben wir im Innenraum 16 Grad. Nach einer Stunde fahrt kommen wir zum Zoll. Es dauert nur eine halbe Stunde bis wir durch sind, ohne Probleme oder "Gebühren". Die nächsten 20km sind Niemandsland. Da fühlt sich wohl niemand zuständig die Strasse zu unterhalten. An einer Stelle ist die Brücke weggespühlt und wir müssen durch den Bach durch etwa 30cm tiefes Wasser fahren. Für uns kein Problem, aber für die Motorradfahrer und Velofahrer sicher nicht sehr angenehm. Am kirgisischen Zoll werden wir freundlich begrüsst. Die Zöllner können einigermassen Englisch. Die Erledigung der Formalitäten, zu denen auch die Bezahlung von 38$ Ökoabgabe gehört, dauert weniger als eine Stunde.

Damit haben wir einen ersten Teil unserer Reise abgeschlossen. In Erinnerung bleiben uns die hohen Berge, die schönen Landschaften, die ärmlichen Hütten in Afghanistan und die Begegnungen mit dem Menschen die hier leben. Leider reicht unser Russisch nicht, um uns vertieft mit ihnen zu unterhalten, was wir gerne gemacht hätten. Gut unterhalten konnten wir uns dafür mit vielen anderen Eurpäern, die ganz unterschiedliche Transportmittel und Ziele in der Region ausgewählt haben. Oft sehr interessante Leute, die alle eine Leidenschaft teilen: Reisen. Weniger anfreunden konnten wir uns mit den rasenden Urlaubern, die mit Taxi und Führer in 14 Tagen alles sehen wollen, und einzig die Taschen der Tourveranstalter und irgendwelchen Agenten füllen. Der lokalen Bevölkerung bleibt davon nur Staub, schlechte Strassen und gefährlicher Verkehr.